Aktuelle Stimmungen zur kritischen Infrastruktur

Infrastrukturen im Allgemeinen und Kritische Infrastrukturen im Besonderen sind die unverzichtbaren Lebensadern moderner, leistungsfähiger Gesellschaften.

Nationale Strategie zum Schutz Kritischer Infrastrukturen (KRITIS-Strategie), BMI 2009

Prof. Dr. Jens Ivo Engels, Sprecher des Graudiertenkollegs KRITIS, mit einem Kommentar zur aktuellen Lage

Nun sind vielfältige Krisen bei uns angekommen: Covid 19, Ukraine-Krieg und Energieengpass, Klimakrise und vermehrte Cyber-Attacken, Hochwasserkatastrophen und gestörte Lieferketten. Einstweilen veränderte sich das alltägliche Leben bei uns kaum, dank funktionierender Infrastrukturen.

Transport und Verkehr, Versorgung mit Wasser und Energie, Kommunikationsnetze: All das gehört zur technischen Infrastruktur. Infrastrukturen sind Lebensadern der Gesellschaft. Sie sind „kritisch“, weil ihr Ausfall ernste Konsequenzen hat. Vieles wäre im Lockdown ohne Internetkommunikation unmöglich gewesen. Allerdings sind Infrastrukturen bedroht. Nicht nur durch externe Schocks wie Krisen, Krieg, Naturkatastrophen oder Terror, sondern auch aufgrund von Alterungsprozessen und wegen ihrer wachsenden Komplexität. Was viele nicht wissen: Die unterschiedlichen Infrastruktursysteme sind mittlerweile hochgradig differenziert und miteinander verbunden. Ohne Internet und Stromversorgung funktioniert kaum noch eine Verkehrsinfrastruktur. Allein diese Verknüpfung kann zu Instabilitäten führen oder zu sogenannten „kaskadierenden Ausfällen“.

Je komplexer ein System, desto schwieriger sein Schutz und seine Aufrechterhaltung. Daher ist es enorm wichtig, das Wissen über Infrastrukturen zu verbessern. Im Graduiertenkolleg KRITIS geht es teilweise um konkrete Problemlösungen, etwa im Verkehrs- oder Energiesektor. Im Mittelpunkt steht aber die Grundlagenforschung. Wir wollen gemeinsam verstehen, was eine Kritische Infrastruktur ausmacht, wie sich Systeme dynamisch entwickeln, warum sie sich transformieren. Wir analysieren, wie Güter, Energie und Informationen in ihnen zirkulieren und welche historischen Erfahrungen mit technischen Systemen uns heute noch helfen können. In einem von der DFG gesondert geförderten Programm untersuchen 4 Doktorand*innen aus aktuellem Anlass auch die Auswirkungen von Pandemien auf Infrastrukturen.

Im Dezember 2022 hat die Bundesregierung erste Eckpunkte für ein KRITIS-Dachgesetz vorgelegt. Dieses Gesetzesvorhaben reflektiert die große Bedeutung des Themas. Die Bundesregierung beabsichtigt, erstmals umfassend auf gesetzlicher Grundlage den Schutz der Kritischen Infrastrukturen zu organisieren, die schutzwürdigen Sektoren zu identifizieren und Standards des Schutzniveaus festzulegen. Das Eckpunktepapier enthält zahlreiche Diagnosen und Ziele, welche auch im Graduiertenkolleg adressiert werden. Es besteht also Handlungsbedarf.

Die Stärke unserer Forschungen liegt darin, dass die Forscher*innen aus unterschiedlichen Fächern sich auf einen gemeinsamen Rahmen geeinigt haben. Wir tragen aus ganz unterschiedlichen Perspektiven zu Themen wie Kritikalität, Vulnerabilität, Resilienz und Dynamik von Infrastrukturen bei. Damit helfen wir letztlich auch Entscheider*innen, bessere Lösungen zu finden. Wir alle sind auf funktionierende Infrastrukturen angewiesen.

Wir haben seit Beginn des verbrecherischen russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine auch eine veränderte Sicherheitslage in Deutschland. Wir nehmen die aktuellen Bedrohungen sehr ernst – und handeln! Der Schutz unserer Kritischen Infrastrukturen hat höchste Priorität.

Nancy Faeser, Bundesinnenministerin