Tagung Lernexperimente und Lernmaschinen (14.03.-15.03.2024)

Historische und systematische Perspektiven auf ein funktionales Lernen

15.01.2024

Lernen ist im 20. Jahrhundert gleichermaßen zum Versprechen wie zur Aufgabe geworden. Die Erwartungen erstrecken sich über das Kindesalter hinaus. Lernen prägt individuelle Biografien und bestimmt das Selbstverständnis westlicher Gesellschaften. Zugleich zeigt sich nicht weniger als ein radikaler Bruch im Verständnis von Lernen selbst: Während im 19. Jahrhundert die Überzeugung vorherrschte, Lernfähigkeit sei ein anthropologisches Alleinstellungsmerkmal und damit grundlegend für die „Subjektbildung“, wird diese humanistische Auffassung im 20. Jahrhundert folgenschwer erschüttert.

Lerneigenschaften wurden im Rahmen von Quantifizierungsprozessen, die mit einem Fokus auf die Wechselwirkung von „Lernen“ und „Technik“ einhergehen, zunehmend objektiviert und damit vom menschlichen Lernsubjekt getrennt. Diese Ko-Konstruktion von Lernen und Technik bildet auch die Grundlage gegenwärtig intensiv diskutierter Formen des Lernens in digitalen Gesellschaften: Auf der einen Seite steht das E-Learning, welches mit Hilfe von elektronischen Medien (wie Plattformen mit Selbstlerntools) neue Möglichkeiten sowie Motivationen zum Lernen bereitstellt. Auf der anderen Seite steht Maschinelles Lernen, bei dem Maschinen trainiert werden, aus einer Vielzahl von Informationen selbst zu „lernen“. Beide Konzepte basieren auf Quantifizierungs-, Verwissenschaftlichungs- und Technisierungsprozessen, die im 20. Jahrhundert traditionelle Konzepte von „Lernen“ maßgeblich veränderten: Lernen wurde zu Funktion. Obgleich in gegenwärtigen gesellschaftlichen und politischen Debatten sowohl die Digitalisierung des Lernens als auch das Maschinelle Lernen eine große Rolle spielen, finden sich bislang kaum historische Forschungen zu diesem Themenfeld. Die Tagung will hier ansetzen, und nach einer historisch-systematischen Perspektive eines quantifizierten Lernens fragen. Heute wirksame Konzepte von menschlichen und maschinellen Lernsubjekten sollen dabei in ihrer Genese rekonstruiert werden. Dazu bedarf es der Erforschung zentraler historischer Prozesse, besonders der Experimentalisierung, Quantifizierung und Technisierung von Lernkonzepten. Es rückt die fundamentale Transformation von Lernprozessen in den Fokus, die die Vorstellungen vom „Lernsubjekt“ in der digitalen Gesellschaft des 21. Jahrhunderts maßgeblich mitbestimmt haben. Dafür soll wissenschafts-, technik- und bildungshistorisch untersucht werden, welche Vorannahmen, Experimentalpraktiken, technischen Objekte oder statistischen Forschungen vom 19. Jahrhundert bis heute eine Quantifizierung des Lernens ermöglichten.

Veranstalter: Emmy-Noether-Forschungsgruppe Ko-Konstruktionen von Lernen und Technik (KoLT)

Beginn: 14.03.2024, 13:00 Uhr

Ort: Alter Senatssaal (S1|01 Raum 707), TU Darmstadt. Der Alte Senatssaal S1|01 Raum 707 befindet sich im 7. Stock des Verwaltungsturms, der zum Karo5 gehört.

Es wird um Anmeldung über die E-Mail-Adresse kolt@pg.tu-darmstadt.de gebeten!